21.09.2021, 17:46
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Gegen halb ein Uhr sichtete ich Nancy, die die Mehlstraße gegenüber der Baustelle, die sich zwischen den Garagentoren des Modehauses befindet, entlang lief. Sie trug eine enganliegende Trainingsjacke in pink, eine enganliegende Bluejeans und flache Sportschuhe. Ich konnte inmitten der Baustelle nicht halten und musste erst wenden. In dieser Zeit hielten zwei Wagen bei ihr, aber sie stieg nicht ein. Ich fuhr auf sie zu, hielt an und senkte das Fenster. Sie kam auf mich zu.
Ich: „Hallo.“
Sie: „Hallo.“
Ich: „Wie viel kostet es?“
Sie: „30 Euro.“
Ich: „Was machst du dafür?“
Sie: „Blasen und Verkehr.“
Ich: „Wie viel kostet nur Blasen?“
Sie: „20 Euro.“
Ich: „Okay.“
Sie stieg ein und wir fuhren zum Verrichtungsort.
Sie: „Das ist ein geiles Auto.“
Ich: „Danke.“
Sie: „Ist der neu?“
Ich: „Nein.“
Kurze Pause.
Sie: „Der fährt bestimmt 250 km/h.“
Ich: „Keine Ahnung. Ich habe es nicht probiert.“
Wir erreichten den Verrichtungsort, der leider nicht einsam und verlassen war. Eine Gruppe junger Menschen stand auf den Parkplätzen.
Ich wendete und wir fuhren zurück.
Sie: „Fährst du Richtung Schierholzstraße?“
Ich: „Nein.“
Sie: „Ich weiß nicht, ob ich um diese Zeit noch nach Hause komme.“
Ich auch nicht, dachte ich zu mir selber.
Sie: „Wir könnten zu mir fahren, dann lass ich mir mehr Zeit.“
Ich: „Okay.“
Sie: „Vorher muss ich noch zum Steintor. Als Sicherheit lasse ich dir meinen Schlüssel da.“
Ich: „Okay.“
Wir fuhren zum Steintor. Ich gab ihr 30 Euro, sie ließ mir ihren Schlüssel da und stieg aus. Nach ein paar Minuten kam sie zurück und stieg wieder ein.
Sie: „Diesen Platz sollte man hochgehen lassen.“ – (Das meinte sie im übertragenen Sinne und nicht wortwörtlich.)
Sie: „Zwei Personen haben mich angequatscht, ob ich nicht Heroin oder Kokain möchte. Diesen Mist nehme ich nicht.“ – Da erwidert man: „Nein, danke!“ und geht weiter, dachte ich zu mir selber.
Oder wie Nancy Reagan in den 1980er Jahren öffentlich sagte: „Just Say No“ (to drugs).
Ich wendete und wir fuhren Richtung Schierholzstraße. Sie wusste genau, wie wir dorthin fahren sollten, obwohl sie laut eigenen Angaben keinen Führerschein hat.
Wir redeten noch über alte Zeiten (sie mag die Rainbow, Checkers und Check in Diskotheken). Schließlich hatten wir die Schierholzstraße erreicht. Als wir laut Google Maps bei der Nummer 112 waren, forderte sie mich zum Anhalten auf. Ich hielt an, sie schnappte sich ihren Schlüssel, öffnete die Tür und stieg aus.
Sie: „Du kannst bei dem schwarzen (Auto) parken.“
Sie rannte davon. Und während ich noch überlegte, warum nicht genau hier (hier war nämlich ein Parkplatz), hatte ich eine böse Vorahnung. Ich fuhr die Straße weiter runter, bei dem schwarzen Auto war natürlich kein Parkplatz, dafür aber direkt vor dem Schierholz-Zentrum. Ich parkte, lief einen Block zurück und wieder zu meinem Auto.
Es war ein schöner Nachtspaziergang. Nancy ward nicht mehr gesehen. Ich fuhr nach Hause.
Kleine Anekdote: Wer auf Google Maps im Street View Modus die Schierholzstraße entlang fährt, sieht genau auf Höhe der Nummer 112 im Übergang zu 114 auf der rechten Seite eine Frau, die fast genauso gekleidet ist wie Nancy an jenem Morgen.
Nancy:
• 42 Jahre alt
• ca. 1,70 Meter
• idealgewichtig
• gute Figur
• kinnlange braune wellige Haare, hinten zusammengebunden
• mittelgroße blaue Augen
• Hakennase
• B-Moppen
• kein sichtbares Piercing
• keine sichtbaren Tätowierungen
• geboren in Hannover
• macht sich lieber aus dem Staub als die vereinbarte Dienstleistung zu erbringen
• spricht Deutsch ohne Akzent und ohne Dialekt